Beitragvon Sauron » 8. Mär 2020, 23:42
Inzwischen habe ich schon ein paar Stunden mit "Syberia 3" zugebracht und natürlich auch im Vorfeld die zahlreichen, schlechten Kritiken dazu gelesen. Technisch gesehen hat man hier wirklich kein Meisterwerk abgeliefert. Am Schlimmsten sind die Dialoge, die vorzeitig abbrechen. Teils fehlen ganze Wörter. Nun ist das auch keine Ausnahme, sondern zieht sich durch das ganze Spiel. Das ist unglaublich nervig, denn wenn in diesem Genre eine Sache wichtig ist, dann ja wohl Dialoge.
Da ich Teil 3 ja direkt nach den ersten beiden Teilen gespielt habe, hat mich auch Kates neue, nun sehr jugendlich klingende Stimme gewaltig gestört. Außerdem ist die Steuerung wesentlich komplexer. Inventargegenstände muss man extra aufrufen und teils genaustens untersuchen. Hebel und Schalter muss man ebenfalls häufig mit ausgeführten Bewegungen umlegen. Wenn man Teil 3 als direkte Fortsetzung spielt, ist das schon ein harter Schlag.
Dann aber sind diese nervigen Dinge für mich mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Zum Einen war da die Handlung, die trotz der abgeschlossenen Geschichte eine würdige Fortsetzung ist, in der auch Hans und Oscar wieder aufgegriffen werden. Ich konnte gleich wieder perfekt in die Welt von Syberia eintauchen. Auch gefällt mir, dass es wieder mehr Anspielungen zur realen Welt gibt (hier vor allem zur Tschernobyl-Katastrophe, auch wenn diese zu Baranour umgetauft wurde). Dann wird die ganze Geschichte auch noch ziemlich kinoreif erzählt. Ob man nun aus der Psychatrie ausbricht, einen Uhrmacher vor dem Herzinfarkt bewahrt, einen Kapitän zu neuem Mut verhilft - das alles ist wirklich toll ausgearbeitet und erzählt. Ich habe Charaktere wie den Leiter der Psychatrie, die Tochter des Uhrmachers oder den Kapitän ziemlich schnell ins Herz geschlossen und Charakteren so viel Ausdruck zu verleihen, dass man sie ungern auf seiner Weiterreise zurücklassen möchte, das schaffen wirklich nicht viele Spiele. Hier machen auch die Sprecher ihre Sache ziemlich gut.
Dann wäre da noch die fantastische Grafik. Wenn in der Psychatrie der Putz von den Wänden bröckelt oder wenn im Marktzelt der Youkol ein wirklich Markttreiben herrscht oder der Regen vor die Scheiben des Schiffes prasselt, dann ist das eine wundervolle Atmosphäre! Gerade im Lager der Youkol oder in der darauffolgenden Stadt Valsembor gibt es so viel zu sehen, dass man einfach nur gerne durch die Gassen spaziert und sich alles in Ruhe anschaut. Ähnlich wie in Dreamfall Chapters sind die Orte auch alle belebt, sodass man immer wieder Passanten trifft. Die Dialoge ändern sich übrigens auch sehr häufig mit Fortschreiten der Handlung. Selbst die Youkol, die man auf ihrer Reise begleitet, haben immer wieder neue Gespräche parat.
Dann mag auch die Kameraführung sehr, wo sich die Ansichten häufig fließend ändern, in dem gezoomt oder geschwenkt wird. Das sieht fantastisch aus.
Die Zwischensequenzen sind zwar nicht mehr eigens animiert und wirken daher etwas gewollt, aber sind trotzdem klasse. Gerade die Überraschung, die einem bei der Schiffsreise erwartet, hat mir dann doch den Atem stocken lassen.
Der fantastische Soundtrack von Inon Zur trägt dann auch noch mal einen Großteil zur Atmosphäre bei. Viele Szenen sind mit Musik untermalt, was dem ganzen Spiel noch einmal einen filmischen Charakter gibt. Ebenso sind auch die Soundeffekte wirklich klasse.
Aktuell bin ich nun im verstrahlten Baranour, einem ehemaligen Freizeitpark, der durch Hans erbaut wurde. Auch dort bin ich wirklich baff, wenn ich durch das verlassene, zerstörte Gelände streife. Überall quietsch das rostige Metall, Gondeln wanken bedrohlich im Wind, Automaten liegen wie Leichen auf dem Gelände.
Wenn ich mir jetzt, nach meinen persönlichen Eindrücken, die Testberichte noch einmal ansehe, dann habe ich kein Verständnis mehr für dieses harte Urteil... Mit der großen und komplexen Spielwelt, die hier geschaffen wurde, lassen sich die technischen Fehler jedenfalls durchaus verzeihen. Auch an die Steuerung gewöhnt man sich mit der Zeit. Bei solchen Kritiken ist es kein Wunder, wieso Hersteller keine hochwerigen Adventure mehr machen wollen. Für mich ist "Syberia 3" jedenfalls ein geniales Spiel mit einer wirklich ergreifenden Geschichte.
Frodo lag mit dem Kopf in Sams Schoß, tief im Schlaf versunken; auf seiner weißen Stirn lag eine von Sams braunen Händen, und die andere ruhte leicht auf seiner Schulter. In ihren Gesichtern stand Friede.
Gollum betrachtete sie. Ein seltsamer Ausdruck zog über sein ausgemergeltes Gesicht. Das Flackern schwand aus seinen Augen, und sie wurden trüb und grau, alt und müde.